Artikel aus den Lübecker Nachrichten vom 04.09.2015:
Bürger haben ein erstes Projekt realisiert. Jetzt planen sie einen Solarpark in Kücknitz und ein Klimahaus.
Von Kai Dordowsky
Die vor zweieinhalb Jahren gegründete Genossenschaft BürgerEnergieLübeck (BEL) hat ihr erstes Projekt auf den Weg gebracht. Das Sportzentrum Herrendamm hat seine gesamte Beleuchtung von Neonleuchten auf LED-Licht umgestellt. Die noch junge Firma Solarenta hat den 20000 Euro teuren Umbau vorgenommen, und die BEL hat das finanziert. Aus den eingesparten Stromkosten zahlt Vladimir Wandtke, Mitbetreiber des Sportzentrums, den Kredit ab. ‚Das ist das erste Projekt, bei dem wir etwas umgesetzt haben‘, jubeln die BEL-Vorstände Monika Mix-Schröder, Peter Parge und Ralf Giercke.
230000 Euro stehen der BEL derzeit zur Verfügung. Ursprünglich wollte sich die Genossenschaft in die Stadtwerke einkaufen, aber von diesem Vorhaben haben sich die Bürger längst verabschiedet.
Dann liebäugelten die Genossenschaftler mit dem Bau von Solaranlagen auf Dächern von Privatleuten. ‚Doch viele Bürger wollten das lieber selbst machen‘, erklären Mix-Schröder und Parge. Jetzt sollen der Bau von Wind-, Wasser- und Sonnenstromanlagen finanziert und Maßnahmen zur Stromeinsparung unterstützt werden.
Die Umrüstung der Lichtanlage im Sportzentrum Herrendamm war eher ein Zufallsprodukt. Ein Chef von Solarenta lernte den Mitbetreiber des Sportzentrums kennen. Wandtke suchte nach einer Möglichkeit, die enormen Energiekosten zu drücken. ‚Ich habe mir vor Jahren schon einmal einen Kostenvoranschlag eingeholt, aber das war zu teuer‘, sagt Wandtke. Solarenta konnte ein günstigeres Angebot vorlegen und brachte einen Finanzier mit – die Bürgerenergiegenossenschaft. BEL und Solarenta sind Kooperationspartner.
Die in Dänemark gegründete Firma tauschte 236 Neonröhren gegen LED-Lampen aus. Wandtke spart dadurch 5669 Euro Stromkosten im Jahr. Die LED-Lampen seien zudem wartungsarm und würden wesentlich länger halten, erklärt Ralf Giercke vom BEL-Vorstand. Für Einkaufszentren, Parkhäuser, Hotels und Tennishallen sei diese Maßnahme interessant, ist Giercke überzeugt.
Die Genossenschaft hat weitere Projekte in der Schublade – einen Solarpark in Kücknitz, ein Klimahaus für Lübeck und Wasserkraftwerke in der Trave. Am weitesten gediehen sind die Pläne für einen Solarpark auf dem früheren Metallhüttengelände. 46 jeweils acht Quadratmeter große Solarinseln will die BEL dort aufbauen, um damit eine Million Kilowattstunden im Jahr zu erzeugen. Zwei Flächen, die dem Koordinierungsbüro Wirtschaft in Lübeck (KWL) gehören, kommen dafür in Betracht. ‚Die Sonne scheint dort gut‘, berichtet Giercke. Die Genossenschaft hat ein Konzept erarbeitet, KWL sei begeistert, Gutachten würden gerade erstellt. ‚Die Investition wird eine Million Euro kosten‘, erklärt Parge. ‚Wenn die Genehmigung vorliegt, werden wir unsere Mitglieder informieren, dass wir weiteres Geld brauchen.‘ Ein Teil der Investition soll über Bankkredite gestemmt werden.
Mit der Landesregierung und umliegenden Kreisen ist die Genossenschaft im Gespräch zum Thema Wasserkraft. Zuflüsse der Trave würden sich eignen für die Installation von kleinen Wasserkraftwerken. ‚Es gibt eine neue Technik‘, sagt Giercke. ‚Ultraleichte Wasserräder sind bestens für kleine Flüsse geeignet.‘ Die BEL hat verschiedene Einsatzorte wissenschaftlich prüfen lassen. Allerdings muss die Genossenschaft die Kreise und das Land mit ins Boot holen. Da wird noch viel Wasser die Trave hinabfließen.
Auch für ein Klimahaus Lübeck entwickelt die Genossenschaft gerade ein Konzept. Die Idee: Verschiedene Initiativen und Behörden, die sich um Klimaschutz kümmern, erhalten eine gemeinsame Anlaufstelle. Giercke: ‚Das Haus soll ein Aushängeschild für Lübeck sein.‘ Allerdings braucht die Genossenschaft dafür Mitstreiter, repräsentative Räume, einen Träger und eine Finanzierung. Auch das ist noch Zukunftsmusik.
Die Genossenschaft
155 Mitglieder zählt die Genossenschaft BürgerEnergie Lübeck (BEL) aktuell. Das sind nur zwei mehr als vor eineinhalb Jahren. Am 20. Februar 2013 wurde die Genossenschaft aus der Taufe gehoben. Bürger wollten Anteile an den Stadtwerken kaufen. Damals trennte sich der dänische Staatskonzern Dong von seinen Lübecker Anteilen. Die BEL kam aber nicht zum Zuge, stattdessen kaufte die Aachener Stawag sich ein. Aufsichtsratsvorsitzender der BEL ist Manfred Hellberg, den Vorstand bilden Monika Mix-Schröder, Hans-Friedrich Weigel, Peter Parge und Ralf Giercke.
dor